Tage draußen!
Freiräume und gesunde Risiken, Verantwortung, begleiten
Kinder brauchen für ihre gesunde Entwicklung Freiräume. Freiräume in denen sie selbsttätig die Welt erkunden, sich auf eigene Faust erproben und Verantwortung übernehmen können. Die Hausaufgabe für uns Erwachsene: Kinder und Jugendliche in einer zutrauenden Haltung begleiten und entwicklungsfreundliche Lernumgebungen ermöglichen.
Der Begriff Tage draußen stammt von Luis Töchterle, langjähriger Leiter der Abteilung Jugend im Alpenverein. Tage draußen (steht) für vieles, was im Leben wichtig ist: Für Bewegung, soziale Beziehungen, Naturbeziehung, für Leben in Echtzeit, im Hier und Jetzt. (Töchterle, L., 2009)
Risiko ist nicht Gefahr
Risiko ist die Verbindung von Ungewissheit und Bedeutsamkeit, die mit einem Ereignis einhergeht und zur Auseinandersetzung mit ihm und seinen Folgen auffordert. Im Gegensatz dazu meint Gefahr Bedrohung von Leib und Leben. Wo Kinder das Leben wagen, also ins Risiko gehen, passiert Entwicklung. Vor Gefahr gehören sie beschützt.
Robert Renzler, ehemaliger Generalsekretär des AlpenvereinsWer Verantwortung ermöglicht, ermöglicht Freiheit, ermöglicht, sich mit Zuversicht dem Leben zu stellen.
Für Kinder ist es nicht gefährlich am ein Meter hohen Balken zu balancieren – es ist riskant. Unbeaufsichtigtes Spielen, egal ob draußen in der Natur oder vor der Haustüre, ist nicht gefährlich, es birgt Risiken und dabei kann auch mal was schiefgehen.
Wenn nichts passiert, passiert auch nichts!
Selbstbestimmtes und risikoreiches Spiel ist für die gesunde Entwicklung von Kindern wichtig. Dies zeigen Ergebnisse aus Hirnforschung, Medizin und Psychologie. Kinder lernen dabei, eigene Gefühle zu regulieren und stressreiche Situationen zu bewältigen. Selbstmotivation, Konzentration und selektive Aufmerksamkeit sind von den Möglichkeiten, selbst bestimmte Erfahrungen bei offenem Ausgang zu machen, beeinflusst.
Auch der Blick in die Zukunft ist aus Sicht der Forschung lohnenswert: Kindliche Überbehütung hängt mit zunehmender Häufigkeit von Depressionen, Angststörungen und geringer Lebenszufriedenheit im jungen Erwachsenenalter zusammen, oder hat als sozialer Risikofaktor Einfluss auf unspezifische Krankheitssymptome im Jugendalter. Zusammenhänge, die uns aus menschlicher, gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht nachdenklich stimmen sollten.
Keine Sicherheit ohne Risiko
Kinder und Jugendliche lernen durch Herausforderungen, die auch schief gehen können, ihre Fähigkeiten und Grenzen kennen. Sie erfahren, dass sie selbst schwierige Situationen meistern können und erleben die Konsequenzen ihres Handelns. Diese Erfahrungen lassen Selbstwirksamkeit erfahren und sind für das Selbstständigwerden wichtig. Es bilden sich Strategien, um unsichere und herausfordernde Situationen auch in Zukunft gut zu bewältigen.
Wir denken Sicherheit nicht als utopische Ordnungsgewissheit, sondern als innere Sicherheit. Damit sind wir nahe dran am lateinischen Ursprung securus, der eine „emotionale Qualität von Personen und Dingen und nicht den objektiven Zustand des Geschütztseins“ beschrieb (Kaufmann 1973). Für uns ist klar: Innere Sicherheit entsteht durch entwicklungsfreundliche Lernumgebungen, in denen Risiken eine bedeutende Rolle spielen.
Eine zutrauende Haltung
Eine zutrauende Haltung Kindern und Jugendlichen gegenüber, öffnet Möglichkeiten für unsichere Herausforderungen, für Mitgestaltung. Sie schafft Zeit für unbeaufsichtigtes Spielen und Handeln und lässt Raum, auch scheitern zu dürfen. Sie lebt von Wertschätzung und ermöglicht Verantwortung.